Hi, mein Name ist Steven und ich möchte der Welt meine eigene Geschichte erzählen.
Warum ich das tue?
Ganz einfach:
Durch meine lange Krankheitsgeschichte, die ich hier kurz zusammenstelle, bin ich seit zwei Jahren auf eine Beinprothese angewiesen. Ich musste mir damals in mühevoller Kleinarbeit alles über das Leben mit einer Beinprothese zusammensuchen und möchte euch deshalb in meinem Blog einen Treffpunkt bieten, um mehr darüber zu erfahren.
Ich möchte euch sowohl die positiven als auch die negativen Seiten aufzeigen, damit ihr seht, wie ich mit meinen ersten Schritten begann und euch als Betroffene oder Angehörige beweisen, dass man auch auf einem Bein stehen kann und dass das Leben normal verläuft!
Tipps und Tricks, neue Ideen, Verbesserungen, andere Erfahrungen von Mitmenschen mit ähnlichen Problemen oder positiven Ereignissen würde ich hier gerne mit euch austauschen.
Deshalb fang ich an zu erzählen, wie ich eigentlich zu der Prothese kam:
Alles begann mit einer Meniskus-Verletzung am linken Knie, die ich mir mit 17 Jahren beim Basketballspielen zuzog. Als ich zur Behandlung zu meinem Orthopäden kam, entdeckte er „etwas“ über meinem Knie – „etwas“ in der Größe einer 5 cm großen Tomate. Nach verschiedenen Untersuchungen und einer Biopsie bekam ich die niederschmetternde Diagnose, dass es sich um ein Osteosarkom an der Gelenkkapsel handelt – also KREBS!
Gleich nach dieser Diagnose wurde mit einer halbjährigen Chemotherapie begonnen, um eine Ausbreitung der Krebszellen zu verhindern. Diese hatte natürlich alle Nebenwirkungen, die man sich vorstellen kann. Mein neues Zuhause wurde die Kinderkrebsstation der Uniklinik Frankfurt (Main). Ich habe viele Tiefs erlebt und nach drei Monaten kam die erste OP, wobei mir der Tumor samt dem Knie entfernt wurden. Im gleichen Atemzug erhielt ich eine „Special MUTARS® Prothese„, die mit Titanstäben im Ober- und Unterschenkelknochen fixiert wurde. Ich lernte in den Folgejahren, mit dem künstlichen Knie umzugehen, was sich leider als nicht so leicht herausstellte. Das Positive dabei war: der Krebs war besiegt.
Da ich keine 80 Jahre alt war und aktiv am Leben teilnahm, wurde das Knie stark beansprucht und es ging halt hin und wieder mal was kaputt. Dies hatte zur Folge, dass ich immer wieder operiert werden musste. Leider führte das dazu, dass sich die Beweglichkeit meines Knies immer weiter verschlechterte. Mit den Jahren kam erschreckend dazu, dass sich mein Bein verkürzte, insgesamt um ca. 5 cm. Die Ärzte wussten keinen anderen Rat und so erhöhte sich „einfach“ meine linke Schuhsohle. Leider reduzierte das die Beweglichkeit meines Knies auf ein Minimum und Schmerzmittel wurden meine neuen besten Freunde. Diese wirkten jedoch mit der Zeit immer seltener.
2008 folgte dann die nächste Katastrophe. Auf meiner Arbeit kam es zum ersten Treppensturz, bei dem ich mir das Schloss im Kniegelenk kaputt gemacht habe. Das was darauf folgte, darüber schüttele ich noch heute den Kopf. Eingestuft als Arbeitsunfall wurde die Kostenübernahme dieses „Unfalls“ von der Berufsgenossenschafts (BG) abgelehnt, mit der Begründung, dass das Knie nach Aussage der Uniklinik schon vorher instabil war. Was folgte war viel Gerenne, Diskussionen und Briefverkehr mit der Krankenkasse, dem Rententräger und der BG, da sie sich untereinander kaum Unterlagen zukommen ließen.
Nach der OP war meine Lauffähigkeit noch schlechter geworden und die Beweglichkeit meines Knies betrug nur noch 45 Prozent.
Wenn man denkt, schlimmer kann’s jetzt nicht mehr werden, kommt alles anders, als man denkt. (Man könnte auch sagen, dann zeigt dir das Leben den Stinkefinger bzw. setzt das Leben noch einen drauf.)
2010 kam es zum zweiten Treppensturz, diesmal zu Hause und dieses Mal brach ich mir die originale Kniescheibe an meiner Special MUTARS® Prothese – was für eine Katastrophe. Sie war in tausend Einzelteile zersprungen. Die Ärzte setzten die Kniescheibe wieder zusammen und fixierten sie mit einem Draht und zwei Schrauben – so weit so gut.
2011 im April wurde alles wieder entfernt und ich war ganz guter Dinge, das jetzt alles wieder in Ordnung war bzw. kommen würde. Mein Knie war zwar dick und hätte bei einem Schönheitswettbewerb den letzten Platz belegt. Aber als ich dachte, jetzt fange ich endlich neu an, bereiteten mir „nette“ Keime (Staphylococcus Epidermidis), die ich mir beim Ausbau vom Draht und den Schrauben eingefangen hatte, riesige Probleme.
Trotz endloser, monatelanger Behandlungen mit Tavanic und mehreren Rettungs-OPs wurde ich die Keime im linken Bein nicht los und es kam zu einem Gespräch mit meinem Professor. Er schlug mir zwei Wege vor, um die jetzige Problematik in den Griff zu bekommen.
- Eine langwierige Antibiotika Therapie nach einem Komplettausbau der Spezial MUTARS® Prothese, die durch einem Platzhalter ersetzt werden würde. Allerdings wäre auch da nicht klar,ob das alles etwas bringen würde oder nicht. Vielleicht würde die Spezial MUTARS® Prothese sogar bis zur Hüfte verlängert werden müssen.
- Eine Amputation des linken Beines mit dem Versuch so viel wie möglich vom Oberschenkel zu behalten. Auf jeden Fall wären die Keime dadurch mit einem Mal weg.
Der Professor überließ mir die Entscheidung und ich entschied mich ohne zu zögern für die Amputation, da es für mich eindeutig die bessere Lösung war. Alles andere hätte in meinen Augen auch nicht funktioniert. Ich hatte mir das alles gut überlegt und innerlich stand diese Entscheidung auch schon seit 2006 fest.
Nach der Amputations-OP lag ich auf der Intensivstation. Mein Professor berichtete mir, dass alles gut verlaufen war und dass ohne diese OP drei Abszesse in der hinteren Muskulatur des Oberschenkels nicht entdeckt worden wären. Die OP hatte mir also das Leben gerettet, aus jetziger Sicht sogar im doppelten Sinne.
So kam ich zu meinem neuen Leben ohne Bein und berichte euch hier, wie es in meinem Leben weiter geht. Ich weiß, das noch viele Höhen und Tiefen kommen werden, aber ich glaube fest daran, dass ich diese meistern werde.
Euer Steven
PS.: Auf Fragen, Anregungen, Tipps und Erfahrungen von euch freue ich mich und bin sehr gespannt.